Forschung
Forschungsschwerpunkte
Krankenhausinformationssysteme befinden sich in einer Phase des Umbruchs. Während in den letzten Jahren vor allem die Fragen der Integration vieler heterogener Abteilungssysteme zu einem konsistenten Gesamtsystem und der darauf basierenden Optimierung der Kommunikationsbeziehungen zwischen den verschiedenen Krankenhausbereichen im Vordergrund stand, sehen sich Medizinische Informatiker heute weltweit mit den Herausforderungen konfrontiert, zum Einen das Informationssystem eines Krankenhauses nach außen zu öffnen, um es in eine sektorübergreifende Telematikinfrastruktur einzubetten und zum Anderen, den Schwerpunkt der Funktionalitäten eines Krankenhausinformationssystems über die reine Auftragskommunikation und Medizinische Dokumentation hinweg auf eine intelligente Prozessunterstützung mit integrierten wissensverarbeitenden Funktionen hin auszuweiten. Darüber hinaus ist die Nutzbarmachung der in einer elektronischen Krankenakte dokumentierten Daten für die klinische und translationale Forschung eine unabdingbare Forderung für aktuelle und zukünftige Forschungsarbeiten.
Die zunehmende Ausdehnung der elektronischen Dokumentation im klinischen Behandlungsprozess bietet enorme Potentiale für eine Wiederverwendung der so generierten Daten für weitergehende Zwecke. Unter dem Begriff „Secondary Use“ werden Nachnutzungen sowohl für Zwecke der Qualitätssicherung und Prozessoptimierung (im Kontext der Patientenversorgung selbst), als auch für wissenschaftliche Ziele (z.B. retro- und prospektive Analysen klinischer Routinedaten, Unterstützung bei der Patientenrekrutierung für Studien) zusammengefasst. Die Erschließung der hierzu notwendigen klinischen Routinedaten stellt jedoch eine erhebliche Herausforderung dar, bei der die Extraktion und Überführung der Daten aus ihren Quellsystemen in ein konsolidiertes klinisches Data Warehouse nur erste kleine Schritte sind. Neben einer datenschutzkonformen Speicherung und Bereitstellung muss auch die Semantik der Daten analysiert und zu ihrer Strukturierung herangezogen werden. Auch die Abfrage, Präsentation und Visualisierung hochdimensionaler medizinischer Datensätze stellt ein eigenes Forschungs- und Entwicklungsgebiet im Secondary Use dar.
Im Kontext der Einführung neuer Informationstechnologien ist es wichtig, die Auswirkung dieser Interventionen auf die Mitarbeiterzufriedenheit, Arbeitsprozesse, Prozesskosten und letztendlich auch die Krankenversorgung zu evaluieren. Ferner sind Untersuchungen zur Einstellung der betroffenen Nutzer von neuen Informationstechnologien gegenüber diesen Systemen, zur Benutzerfreundlichkeit der Bedienoberflächen und zur Akzeptanz neuer Technologien wichtige Voraussetzungen für deren effizienten Einsatz im Gesundheitswesen. Bei diesen Analysen zum Health Technology Assessment sind sowohl gesundheitsökonomische Fragestellungen als auch soziotechnologische Randbedingungen zu berücksichtigen.
Die medizinische Forschung basiert immer mehr auf vernetzten multizentrischen Strukturen, die eine leistungsfähige, effiziente und sichere IT-Infrastruktur erfordern. Entsprechende Internetportale zur gesicherten Kommunikation und Kollaboration sowie zur verteilten, webbasierten Erfassung patientenbezogener Forschungsdaten hat der Lehrstuhl für Medizinische Informatik konzipiert und bereitgestellt. Weiterhin beschäftigt sich der Lehrstuhl mit der IT-Unterstützung für Biobanken sowie der Nutzung von Daten aus der elektronischen Krankenakte auch für die Klinische Forschung.
Der Einsatz wissensverarbeitender Systeme in der Medizin verfolgt das Ziel, die Qualität der Krankenversorgung durch prospektive Maßnahmen (Entscheidungsunterstützung und Entscheidungsmonitoring) zu optimieren. Vor diesem Hintergrund beschäftigen sich die Forschungsarbeiten des Lehrstuhls für Medizinische Informatik insbesondere mit Fragen der Modellierung von Wissen und der Realisierung standardisierter Wissensmodule beispielsweise für die Unterstützung in der Arzneimitteltherapie und der Qualitätssicherung in der intensivmedizinischen Versorgung.
Einige der hierbei anzugehenden Themen sind die Integration Klinischer Leitlinien bzw. Klinischer Behandlungspfade sowie die elektronische Kommunikation zwischen Krankenhäusern und niedergelassenen Ärzten. Auch die Umsetzung von Funktionalitäten auf moderne Eingabemedien und mobile Geräte sind zu berücksichtigen. Mit diesen Fragestellungen beschäftigt sich der Lehrstuhl für Medizinische Informatik an der FAU Erlangen Nürnberg, unter anderem im Rahmen von Pilotprojekten innerhalb des Klinischen Arbeitsplatzsystems Soarian sowie im Rahmen verschiedener Gesundheitstelematik-Projekte.
Ein besonderer thematischer Schwerpunkt bei der Verarbeitung und Nutzung klinischer Daten stellt für uns die Versorgung von Tumorpatienten dar. Die Unterstützung der Tumorbank, die Tumordokumentation innerhalb der Elektronischen Krankenakte und die Verknüpfung der Daten mit der Datenbank eines klinischen Krebsregisters zur Unterstützung innovativer Forschungsansätze in der translationalen Medizin sind wichtige Aspekte in diesem Forschungsbereich.